Zu Besuch bei dem Aachener Stadtbetrieb: „Ich wünsche mir einen rücksichtsvolleren Umgang mit unseren Grünflächen“

Ilse Stollenwerk vom Aachener Stadtbetrieb am Hangeweiher

Ein paar prüfende Blicke und der Fall ist für Ilse Stollenwerk klar: „Der war stark geschädigt.“ Ein zerlegter Baumstamm am Wegesrand unweit des Weihers hatte die Aufmerksamkeit der gelernten Diplom-Forstwirtin und Bauzeichnerin erregt. Denn gefällt wird nur selten und zwar nur dann, wenn der Verkehrsraum durch morsche oder kranke Bäume gefährdet wird. „Die Bäume sind das ökologische Kapital der Stadt“, sagt sie. „Uns ist wichtig, dass dies erhalten bleibt. Heute haben die verkehrssicherungspflichtigen Aufgaben eine viel größere Gewichtung als noch vor 15 Jahren, weil die Risiken gestiegen sind.“ So werden neben den Bäumen beispielsweise auch Spielgeräte regelmäßig überprüft. Dies ist eine der Aufgaben, die in diesen Februarwochen erledigt werden müssen. „Zurzeit läuft noch der Winterdienst. Und es wird vieles instandgesetzt, wie zum Beispiel Parkbänke, Treppenanlange und Wege“, sagt Ilse Stollenwerk. Auch der Gehölzrückschnitt läuft noch, wird aber Ende des Monats wegen der neuen Brutzeit eingestellt.

„Die Bäume sind das ökologische Kapital der Stadt.“
Ilse Stollenwerk

Arbeit unter Zeitdruck

In den darauffolgenden Wochen werden jene Flächen, die ertüchtigt oder beispielsweise neu mit Gräsern und Kräutern eingesät werden sollen, vorbereitet, bevor Mitte März, je nach Wetterlage, schon die erste Mahd ansteht. „Sobald gemäht werden muss, sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Grünflächen im Einsatz“, sagt Ilse Stollenwerk. Zu tun gibt es dann mehr als genug: Der im Frühjahr stark wachsende Rasen wird geschnitten, Gehölze, die in den Verkehrsraum hineinwachsen, etwa an Bürgersteigen, Kinderspielplätzen, Friedhöfen, Schulen oder Kitas, werden gekürzt. Die Sportplätze werden für die Spielsaison vorbereitet, Grünflächen eingesät und Kunstrasen ausgebessert. Das alles geschieht unter großem Zeitdruck: „Wir haben nur eine kurze Zeitspanne, in der wir diese Arbeiten durchführen können“, erklärt Ilse Stollenwerk, „denn es darf für die Sportplatzpflege weder zu kalt noch zu nass sein.“

Der überwiegende Teil der Aufgaben wird in Eigenleistung erbracht. Nur wenige, spezielle Arbeiten gliedert die Stadt an Privatunternehmen aus. Aus diesem Grund ist Ilse Stollenwerk auf guten Nachwuchs angewiesen. „Wir suchen immer neue Mitarbeiter und bilden in den Berufen Garten- und Landschaftsbauer, Friedhofsgärtner und in der eigenen Gärtnerei Blumen- und Zierpflanzengärtner aus.“ Wer körperliche Fitness, Interesse an der Arbeit in und mit der Natur sowie handwerkliches Geschick mitbringt, hat gute Chancen. „Ich setze mich, wo es geht, für die Mitarbeiter ein“, sagt Ilse Stollenwerk, „und bemühe mich um gute Arbeitsbedingungen, regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen und ein vernünftiges und interessantes Arbeitsumfeld.“

Pflegbarkeit ist entscheidend

Neben der Mitarbeiterführung gehören Steuerung, Dokumentation und Kostenrechnung zu ihren Aufgaben. Ihr Steckenpferd ist die Verbesserung der Pflegbarkeit der teilweise denkmalgeschützten Anlagen. „Dabei geht es vor allem um die Material- und Pflanzenauswahl und die Zugänglichkeit der Flächen. Denn im Lebenszyklus einer Grünanlage machen Planung und Neuanlage oft nur 15 Prozent der Gesamtkosten aus. Der Rest geht in die Unterhaltung.“ Eine gute Pflegbarkeit ist daher entscheidend, um kosteneffizient arbeiten zu können.

Immer weniger Menschen sind bereit, selbst etwas gegen Müll in den Parks zu unternehmen.

Aufgewachsen auf einem Bauernhof in der Eifel ist Ilse Stollenwerk die Liebe zur Natur und deren Schutz von jeher wichtig. Umso mehr bedauert sie, dass viele Menschen scheinbar das Wissen über die Tier- und Pflanzenwelt und den Bezug dazu verloren haben. „Viele bezeichnen sich als Naturliebende, sind es aber eher in der Theorie als in der Praxis.“

Müll ist ein großes Thema

Auch die Eigenverantwortung gegenüber den Grünflächen habe bei der Bevölkerung stark nachgelassen. Während sich die Beschwerden häuften, seien beispielsweise immer weniger bereit, selbst etwas gegen die Müllberge in den Parks zu tun. „In den Sommermonaten gehen gut 50 Prozent der Arbeitszeit in die Müllsammlung“, erklärt Ilse Stollenwerk. „Für die Pflege der Beete bleibt entsprechend wenig Zeit.“ Daher wird ihr Team seit Kurzem von der Stadtreinigung unterstützt. „Natürlich sind die innerstädtischen Grünflächen kein Naturschutzgebiet und sollen durch die Bevölkerung genutzt werden. Dennoch wünsche ich mir einen rücksichtsvolleren Umfang mit ihnen.“

 


Aachener Grünflächen- und Friedhofswesen in Zahlen

  • 100.000 Bäume
  • 950 ha intensiv genutzte Grünfläche
  • 226 öffentliche Spielplätze
  • 140 Spielgelände an Schulen und Kitas
  • 35 Sportplätze, die das Team betreut
  • 32 Friedhöfe und Gedenkstätten
  • 1 Krematorium
  • 330.000 Pflanzen in der Gärtnerei, 100.000 für den Frühjahrsflor
  • 9 Gewächshäuser à 4.000 m²
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