Der Feind im eigenen Körper

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Bei dem Gedanken an Krebs schwirren den meisten Menschen böse Killerzellen durch den Kopf, die außer Kontrolle geraten im Körper wuchern. Wie das genau aussieht, ist für den medizinischen Laien aber schwer zu beantworten. Wir können uns kein klares Bild von Krebs machen, den Feind im eigenen Körper nicht greifen. Das macht die Vorstellung von Krebs nicht unbedingt erträglicher. Bestärkt wird das ungute Gefühl durch erschreckende Zahlen wie ca. 500.000 Neuerkrankungen bundesweit pro Jahr – Tendenz steigend. 68 Prozent der Befragten einer Forsa-­Umfrage für die DAK-Gesundheit aus dem Jahr 2018 gaben Krebs als die Erkrankung an, vor der sie sich am meisten fürchten, weit vor der Angst vor Demenz (50 Prozent). Umfragen zeigen aber auch, dass große Erwartungen in Therapiefortschritte bei Krebserkrankungen gesetzt werden.

68 Prozent der Deutschen fürchten die Diagnose Krebs.

Diese Hoffnung ist nicht unbegründet. Statistiken belegen, dass heute immer mehr Menschen eine Krebs­erkrankung überleben. Während 1980 noch mehr als zwei Drittel aller Krebspatienten an der Erkrankung verstarben, so kann heutzutage mehr als die Hälfte der Betroffenen auf eine dauerhafte Heilung hoffen. Zudem geht die altersstandardisierte Sterberate dank Früherkennung und verbesserter Behandlungsmöglichkeiten zurück. Bei diesem Rechenvorgang berücksichtigt man, dass die Menschen heute im Durchschnitt deutlich älter werden als noch vor 20 Jahren. Unabhängig von allen Statistiken zählt im Umgang mit der Krankheit aber vor allem das Wissen über sie – nicht nur bei Betroffenen, sondern bereits bei der Vorsorge.

Schutz vor Krebs

Der menschliche Körper besteht aus Milliarden von Zellen. Zellen sind die kleinen Bausteine, aus denen die Gewebe und Organe aufgebaut sind. Gesunde Körperzellen verfügen über eine innere Uhr, die das Wachstum, die Ausreifung, den Zeitpunkt der Teilung, die Alterung und das Sterben der Zelle steuert. In entarteten Krebszellen ist dieser Regelmechanismus gestört. Derartig kranke Zellen folgen ihrem eigenen, unkontrollierten Vermehrungsprogramm und teilen sich viel häufiger als gesunde Zellen. Dadurch entsteht ein Verband aus entarteten Zellen: eine Geschwulst bzw. ein Tumor. (© Christoph Burgstedt / Fotolia)

Krebs ist eine tückische Krankheit. Die meisten bösartigen Tumoren und ihre Vorstufen bleiben zunächst unbemerkt, da sie anfänglich keine Beschwerden verursachen. Wichtig ist eine rechtzeitige Diagnose, um eine Krebserkrankung möglichst im Frühstadium behandeln zu können. Schließlich sind die Heilungschancen in frühen Krankheitsstadien meist deutlich größer. Die gesetzlichen Krankenkassen bieten daher ein umfangreiches, kostenfreies Programm zur Krebsvorsorge an. Das Angebot umfasst die Früherkennung von Haut- und Darmkrebs sowie Brust- und Gebärmutterhalskrebs bei Frauen und Prostatakrebs bei Männern. Da das Krebsrisiko mit steigendem Alter zunimmt, werden einige Angebote wie die Darmkrebsvorsorge erst ab der zweiten Lebenshälfte übernommen. Welche Vorsorgeuntersuchungen individuell empfehlenswert sind, wissen die Krankenkasse oder der Hausarzt.

In Anbetracht der guten Heilungschancen bei frühzeitiger Entdeckung einer Krebserkrankung sollte die regelmäßige Teilnahme an solchen Untersuchungen für jeden selbstverständlich sein. Unabhängig von der gesetzlich geregelten Früherkennung von Krebs kann jeder einzelne auch selbst etwas tun, damit möglicherweise auch andere Krebsarten rechtzeitig diagnostiziert werden können. Insbesondere bei Prostata-, Brust-, Haut- oder auch Hodenkrebs lässt sich durch regelmäßige Selbstkontrolle und Abtasten die Chance erhöhen, die Krankheit rechtzeitig zu entdecken.


Apropos Krebsvorsorge

Weitere Informationen zur allgemeinen Krebsvorsorge finden Sie auf der Seite der Deutschen Krebsgesellschaft.

Für Fragen zu aktuellen Entwicklungen in der Diagnostik und Behandlung von Krebs sowie zu regionalen Informations- und Fortbildungsangeboten wenden Sie sich an das Centrum für Integrierte Onkologie – CIO Aachen, das Krebszentrum der Uniklinik RWTH Aachen.


Diagnose Krebs – was nun?

Ist ein Tumor erkannt, bedeutet das nicht zwingend die Diagnose Krebs. Mediziner sprechen von einem Tumor, wenn sich körpereigene Zellen vermehren und in einem Gewebe oder Organ eine Geschwulst bilden. Sie lassen sich in gutartig (benigne) und bösartig (maligne) unterscheiden. Bösartige Tumoren werden umgangssprachlich Krebs genannt. Liegt ein solcher vor, vermehren sich die Zellen unkon­trolliert. Dabei können sie gesundes Gewebe verdrängen, in benachbarte Organe oder Gewebe eindringen und sich über die Blutgefäße oder das Lymphsystem ausbreiten. Auf diese Art können sich Tochtergeschwülste, die Metastasen, bilden. Je mehr Metastasen sich gebildet haben, umso schwieriger ist der Kampf gegen den Krebs. Doch längst nicht jeder bösartige Tumor hat eine düstere Prognose.
Wer die Diagnose Krebs erhält, benötigt einerseits eine umfassende medizinische, andererseits oftmals auch eine individuelle psychologische Betreuung. Spezialisierte Krebszentren, wie das Krebszentrum an der Uniklinik RWTH Aachen, bieten Patienten mit einer bösartigen Erkrankung eine fachübergreifende und interdisziplinäre Versorgung. Der Vorteil des Centrums für Integrierte Onkologie – CIO Aachen, wie sich das Aachener Krebszentrum nennt, liegt in der Bündelung verschiedener Fachdisziplinen unter dem Dach der Uniklinik. Als Onkologisches Zentrum versteht sich das CIO als ein Kooperationsverbund aller Kliniken und Institute der Uniklinik RWTH Aachen, die an der Versorgung onkologischer Patienten sowie der Erforschung onkologischer Erkrankungen beteiligt sind.

Längst nicht jeder bösartige Tumor hat eine düstere Prognose.

„Enge Absprachen von verschiedenen Spezialisten bei Diagnostik, Therapie sowie Vor- und Nachsorge von Tumor­erkrankungen gekoppelt mit den entsprechenden psychosozialen Unterstützungsangeboten sind die notwendige Grundlage, um Krebs­patienten eine optimale Betreuung bieten zu können“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Tim H. Brümmendorf, Direktor des CIO. „Für uns zählt jedes einzelne Schicksal. Wir möchten jeder Patientin und jedem Patienten das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind und wir für jeden individuellen Fall die entsprechende Expertise im Haus haben. Das beinhaltet auch den frühzeitigen Zugang zu neuen, vielversprechenden Diagnostik- und Therapieverfahren.“

Neurochirurgen behandeln Patienten mit Hirntumoren und wer an Prostatakrebs erkrankt ist, wird von einem erfahrenen Urologen operiert. Es gibt auch nuklearmedizinische Techniken zur Krebsdiagnostik und -therapie verschiedener Tumoren. Lässt sich der Krebs nicht mehr heilen, kommen zusätzlich Palliativmediziner ins Spiel. Palliativ-supportive Methoden unterstützen die Therapie, lindern die Beschwerden und Schmerzen, die ein Tumor mit sich bringen kann, und verbessern dadurch die Lebensqualität des Patienten. Die Reihe an Beispielen lässt sich beliebig fortführen und zeigt: Die Aachener Uniklinik ist breit aufgestellt im Bereich der Onkologie. Das gilt sowohl für die Behandlung von Kindern als auch erwachsenen Patienten. Innerhalb des CIO Aachen bestehen zudem spezifische Organtumorzentren, die sich auf die onkologische Behandlung bestimmter Entitäten bzw. Lokalitäten spezialisiert haben. Beispiele sind das Brustzen­trum, das Hautkrebszentrum oder das Zentrum für Kopf-Hals-Tumoren, um nur einige zu nennen.

Sie kommen dem Krebs auf die Spur: Univ.-Prof. Dr. med. Tim H. Brümmendorf, Direktor des Centrums für Integrierte Onkologie – CIO Aachen und der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Stammzelltransplantation (Medizinische Klinik IV) an der Uniklinik RWTH Aachen mit zwei Mitarbeiterinnen. (© Uniklinik RWTH Aachen)

Neben der interdisziplinären Zusammenarbeit innerhalb der Aachener Uniklinik hat es sich das CIO zur Aufgabe gemacht, die Strukturen zur Versorgung von Krebspatienten in der Euregio zu optimieren und zu vernetzen. Vom CIO ausgehend werden unter anderem Kooperationen mit niedergelassenen Onkologen, Psycho­onkologen und regionalen Kliniken geschlossen, um die heimatnahe Versorgung von Krebspatienten zu gewährleisten. Im Rahmen eines neuen Projekts – dem von Interreg, der europäischen Gemeinschaftsinitiative zur internationalen Zusammenarbeit, geförderten Projekt OncoCare – sollen diese Versorgungsangebote federführend mit Partnern der Universitätskliniken in Lüttich und Maastricht grenzübergreifend entwickelt und ausgebaut werden.

Die Medizin macht laufend Fortschritte im Kampf gegen den Krebs.

Die Angst vor dem Krebs

Noch immer gehören Tumoren zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Nur an Herz-Kreislauf­erkrankungen sterben mehr Menschen. „Die Medizin macht aber laufend Fortschritte im Kampf gegen den Krebs“, weiß Onkologe Prof. Brümmendorf. Von molekular zielgerichteten Therapien und Innovationen im Bereich der Nanomedizin über genetisch modifizierte, körpereigene Immunzellen, die gezielt gegen Merkmale auf Krebszellen gerichtet werden, bis hin zur Entwicklung von immer ausgefeilteren Hightechgeräten, die Tumorerkrankungen früher erkennbar machen und das wuchernde Gewebe gezielter und für den betroffenen Patienten gleichzeitig schonender zerstören können: Es gibt unzählige Beispiele vielversprechender Entwicklungen in der angewandten (translationalen) Krebsforschung. Vielleicht ist das auch der Grund, warum immer weniger Menschen Angst vor Krebs haben. Zwar fürchten sich 68 Prozent der Deutschen vor der Diagnose Krebs, das sind aber längst nicht mehr so viele wie vor einigen Jahren: 2010 waren es laut Forsa-Umfrage noch 73 Prozent. Das Vertrauen in verbesserte Therapiemöglichkeiten im Falle einer Krebserkrankung, aber auch die Hoffnung in die Krebsforschung könnten eine Erklärung hierfür sein.

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