Die bittersüße Wahrheit über Zucker

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Zucker begleitet unser Leben jeden Tag, denn er steckt in fast allen Lebensmitteln. Zucker kann uns süchtig und gleichzeitig glücklich machen. Sein Ruf ist seit den letzten zwei Jahrzehnten schlecht, doch Zucker an sich nicht „böse“, denn wie so häufig macht die Dosis das Gift.

Braucht der Mensch Zucker?

Dass ein Zuviel an Zucker ungesund ist und dick macht, sollte mittlerweile jedem klar sein. Doch durch einen hohen Zuckerkonsum – mehr als 50 Gramm pro Tag, das sind circa 200 Kilokalorien in Form von Haushaltszucker – schaden wir nicht nur unserem Gewicht, sondern auch der Gesundheit. Allerdings benötigt der menschliche Organismus wiederum Kohlenhydrate, sprich Zucker, um zu überleben, denn Glukose ist der wichtigste Energielieferant. Hierbei gilt: Zucker ist nicht gleich Zucker. „Natürlicher Zucker, der in Obst, Früchten und Gemüse vorkommt, oder auch komplexer Zucker, also Kohlenhydrate in Kartoffeln, Vollkornreis und Hülsen­früchten, sind für unseren Körper wichtige Energie- und Ballaststoffquellen und gesundheitsfördernd. Demgegenüber ist zugesetzter Zucker in Backwaren, Softdrinks, Fruchtsäften und Süßigkeiten in zu hohen Mengen schon schädlich“, warnt Birgit Tollkühn-Prott, Leitende Diätassistentin des Ernährungs- und Diabetesteams (PEDT) an der Uniklinik RWTH Aachen.

Tipp:
Wenn eine Zutat mit „-ose“ aufhört, handelt es sich bloß um ein anderes Wort
für Zucker.

Wie viel Zucker darf ich essen?

Der jährliche Zuckerkonsum nimmt weltweit kontinuierlich zu, sodass die Menschheit inzwischen jährlich über 186 Millionen Tonnen des süßen Guts verbraucht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die Tagesdosis von 25 bis maximal 50 Gramm Haushaltszucker pro Tag und Kopf nicht zu überschreiten. Die Realität sieht jedoch anders aus: In Deutschland kommt jeder durchschnittlich auf mehr als 100 Gramm Zucker pro Tag – das entspricht bis zu einem Vierfachen der empfohlenen Menge!

Krank durch Zucker

„Meist kommt uns zuallererst Karies als Folge von zu hohem Zuckerkonsum in den Sinn“, so die Ernährungsberaterin. Doch Karies ist in Wirklichkeit noch die harmloseste aller Krankheiten, die mit überhöhtem Zuckerkonsum und schlechter Zahnpflege einhergeht.

Übermäßiger Verzehr von Zucker wird für eine Reihe ernährungsbedingter Krankheiten wie Adipositas, Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche verantwortlich gemacht. „Wir belasten damit unseren gesamten Körper. Es treten vermehrt Entzündungen auf und unser Immunsystem wird geschwächt. Das macht uns anfälliger für Krankheiten“, sagt Tollkühn-Prott. Auch die Darmflora leidet unter dem hohen Verzehr von Zucker. „Ist unser Darm nicht im Gleichgewicht, leiden zugleich die Psyche und das körperliche Wohlbefinden.“

Problem Fruktose?

Vor allem die Zuckerart Fruktose gilt als besonders bedenklich. Sie wird in der Leber teilweise zu Fett umgebaut und kann neben Diabetes und Herz-Kreislauf­erkrankungen auch Gicht fördern. „Besonders Süßspeisen, Gelees und Fruchtsäfte enthalten in der Regel viel Fruktose“, sagt Tollkühn-Prott. So enthält Apfelsaft beispielsweise genauso viel Zucker wie Cola – nämlich vier Stücke Würfelzucker auf 100 Milliliter! „Das mag im ersten Moment absurd klingen, ist aber die bittere Wahrheit.“

„Das bedeutet aber nicht, dass Sie Früchte und Obst ab sofort meiden sollten, denn zwei Portionen am Tag sind empfehlenswert“, so die Expertin. Zwar enthalten sie tatsächlich Fruchtzucker, doch die Reichhaltigkeit an Mineralien und Vitaminen ist für den Körper ausgesprochen förderlich. Zudem reduzieren die im Obst enthaltenen Ballaststoffe das schnelle Anfluten des Zuckers im Blut und somit auch die Umwandlung von Zucker zu Körperfett.

Zucker hat viele (Tarn-)Namen

Ein großes Problem sind die sogenannten „versteckten“ Zucker. „Diese zu erkennen, ist gar nicht so einfach“, weiß Tollkühn-Prott. Glukose, Saccharose, Dextrose, Zuckersirup, Laktose, Traubenfruchtsüße, Süßmolkenpulver, Gerstenmalz: Die Namen, hinter denen sich Zucker versteckt, sind vielfältig – über 70 verschiedene Bezeichnungen gibt es. „Für den Otto-Normal-Verbraucher ist es so nur schwer möglich, herauszufinden, wie viel Zucker ein Lebensmittel tatsächlich enthält.“

Seit Dezember 2016 müssen Lebensmittelhersteller auf verpackten Lebensmitteln die Nährwerte kennzeichnen. Darunter befindet sich neben Fett und Eiweiß der Zuckergehalt. „Schauen Sie daher immer genau hin, an welcher Stelle der Zucker in der Zutatenliste steht und wie oft der Zucker genannt wird“, empfiehlt die Ernährungsexpertin. Wer genussvoll mäßig Zucker isst, fördert die Gesundheit und verzichtet nicht.

Alltägliche Zuckerfallen

Ebenso ist es ein Irrglaube, dass der Großteil des Zuckers in den Süßigkeiten, die wir essen, wie Schokolade, Kuchen oder Eis, steckt. „Zwei Drittel des durchschnittlichen Jahresverbrauchs werden industriell in Back­waren, Brotaufstrichen, Getränken und Milchprodukten verarbeitet“, erklärt Tollkühn-Prott. Vor allem Fertig­gerichte enthalten große Zuckermengen. Zu den größten Zuckerfallen gehören unter anderem Soßen und Dressings, Gemüse- und Obstkonserven, Frühstückscerealien, Smoothies, getrocknete Früchte, Fruchtsäfte, Fruchtjoghurts und Softdrinks.

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